LOT 39 GEORGE GROSZ (1892 - 1959, Berlin)
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Bürgerliche Welt Rohrfeder und Feder auf Velin. 1918. 58,3 x 44,5 cm. Unten rechts mit Bleistift signiert „Grosz“. Provenienz: Atelier des Künstlers Berlin 1918 / Swetzoff Gallery, Boston / Privatsammlung Carl N. Schmalz / Privatsammlung Berlin Bedeutende, großformatige Zeichnung aus George Grosz‘ wichtigster Zeit. Von Ralph Jentsch bestätigt (Gutachten vom 24.10.2013). 1915 erreicht Grosz in seinen Arbeiten den „messerscharfen“ Stil, mit dem er – fast sezierend – das bürgerliche Leben in Berlin schildert. In großformatigen Aquarellen und Zeichnungen und mit dem ihm eigenen Blick zeigt er großstädtisches Leben der Metropolis in teils grotesken Szenen: Die ihm verhasste kleinbürgerliche Engstirnigkeit kritisierend, erspart er dem Betrachter selten prekäre Details des männlichen Verlangens und der Verfügbarkeit des weiblichen Körpers. Auch ein geplantes dreibändiges Kompendium mit dem Titel „Die Hässlichkeit der Deutschen“ sollte sich gesellschaftskritisch dieser Thematik widmen. Die „Alltagsszenen“ dieser Blätter komponiert Grosz aus bewegten Figuren, oft Stereotypen bestimmter Charaktere sowie Architekturdetails der Stadtlandschaft. In unserer Zeichnung hetzen Männer zur Arbeit, eine Prostituierte durchstreift die Straße auf der Suche nach Kundschaft. Einige Tische des Straßencafés sind besetzt. Die Männer, bis vielleicht auf jenen melancholisch Sinnenden im Vordergrund, sind desillusioniert und tragen hässliche, nahezu fratzenhafte Gesichter. Im Hintergrund verweist Grosz mit Hausfassaden und rauchenden Schornsteinen auf die teils dramatische Wohnsituation und die Stadt der Zeit als Industriemetropole, über der – wie bei ihm häufig – eine Sonne steht, deren Strahlen nichts positiv erhellen, sondern die Szenerie fast destruktiv bestrahlen. Mit Ende der Kriegsproduktion von Waffen steigt die Zahl der Erwerbslosen. Ebenso wie die ausgezehrte Bevölkerung, erholen sich Wirtschaft und Industrie nur langsam. Neue Perspektiven verspricht der Zusammenschluss zu Groß-Berlin 1920. Nach London und New York wird Berlin damit drittgrößte Stadt der Welt, mit all ihrem sozialen Elend und ihren menschlichen Abgründen.
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